Lobende Erwähnungen der Jury
Deutschland 2023, 26 Minuten von Jens Kevin Georg, Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF
Wir möchten einen Film lobend erwähnen, weil er uns mit dem nackten Arsch auf eine Achterbahn schickt.
Kruste erzählt eine Familie, in der man sich zu beweisen hat. Faszinierend wie skurril erleben wir ein Kind, das sich den Zwängen der Familie zwar nicht entziehen kann, aber einen ganz eigenen Weg findet, dazuzugehören. Und dabei ist der Film durchwegs stark besetzt, die Schauspieler*innen gekonnt geführt und Szenenbild und Bildsprache einzigartig.
Der Autor und Regisseur Jens Kevin Georg hat seine ganz eigene Handschrift und das wollen wir mit dieser lobenden Erwähnung würdigen.
Türkiye 2023, 11 Minuten von Naz Çaybaşı
Innerhalb weniger Minuten erhalten wir einen Einblick in das Schicksal einer jungen Türkin. Als sie zum ersten Mal Blut in ihrem Höschen entdeckt, beginnen wir, ihre Rolle als Frau und ihre Zukunft in einer von Männern dominierten Gesellschaft zu entdecken. Sie versucht verzweifelt, die Bedeutung ihrer Blutung zu ergründen – wird sie sie töten? Mit beeindruckenden Bildern, glaubwürdigem Schauspiel, präziser Inszenierung und einer unerwartet passenden Musikauswahl macht der Film auf ein sensibles Thema aufmerksam und durchbricht den Teufelskreis der Tabuisierung der Menstruation.
France 2023, 11 Minuten von Mickaël Dusa & Jolan Nihilo
Die Kraft eines Genrefilms besteht darin, dass man eine Emotion oder ein Gefühl aufgreifen und damit einfach weitermachen kann, um das Publikum etwas erleben zu lassen, das weit über die Dauer einer einzigen Betrachtung hinausgeht. Dieser Film bewegt sich auf einer kompromisslosen, emotionalen Ebene. Es handelt vom Trauma und Albtraum der Folgen einer Vergewaltigung und der darauffolgenden Schwangerschaft. Das schauspielerische Engagement für diese erschütternde Rolle ist unvergleichlich. Die Groteske dessen, was sich auf der Leinwand abspielt, wird auf den Zuschauer zurückgeführt als ein Erlebnis, das den Betrachter dazu zwingt, nicht wegzuschauen, sondern sich auf einer rein emotionalen und empathischen Ebene zu engagieren. Ein Nachbild, das sie noch lange, wenn nicht für immer, verfolgen wird.
Tilt (D-A-CH Wettbewerb, Deutschland) von Björn Schürmann
Die Begründung der Jury:
Sanitäterin Anna kämpft darin nicht nur um die Bewältigung eines aus dem Ruder gelaufenen Rettungseinsatzes, sondern auch gegen die fortwährende Diskriminierung durch ihren Kollegen.
Ein dichter, kurzer Film, der ganz von der physischen Präsenz der Protagonistin getragen wird und zugleich einen kraftvollen Wirkungstreffer setzt gegen männliche Bevormundung.
Kaltmiete (Beste Komödie, Deutschland) von Marc Philip Ginolas,
Hochschule für Fernsehen und Film München
Die Begründung der Jury:
Ein obdachloser Altenpfleger wird in eine Abfolge von unangenehmen Situationen verwickelt, als am 100. Geburtstag seine reiche Patientin Geraldine an dem vom ihm gerollten Joint verstirbt und er ihren Tod mühsam zu vertuschen versucht.
Mit klassischen schwarzweiss Bildern, spritzigen Dialogen und herrlichem Humor erzählt „Kaltmiete“ von den Nöten der Wohnungssuche und Leichenentsorgung.
Memoir Of A Veering Storm (Internationaler Wettbewerb, Griechenland) von Sofia Georgovassili
Die Begründung der Jury:
Der Film schafft es auf berührende und zärtliche Weise, das Thema Schwangerschaftsabbrüche neu zu zeigen. Eingebettet in den poetischen Rahmen eines sich anbahnenden Sturms – symbolisch für die Abtreibung – bricht der Film mit überdramatisierenden Mustern. Statt den Prozess mit abwesenden Männerfiguren und stigmatisierenden Ärzten zu erzählen, begleiten wir den Konflikt der Hauptfigur mit unaufgeregtem Blick in seiner gesamten Komplexität.
Hochschule für Fernsehen und Film München
Bato Nebo – Chants To The Gods (DaHome Award, Österreich) von Luzia Johow,
Filmakademie Wien
Die Begründung der Jury:
BATO NEBO spricht nur durch die mehrstimmigen Gesänge der Protagonisten zu uns und vermittelt über uralte Traditionen und eindrucksvolle Gesichter ein Gefühl von Heimat, das den Zuschauer mit einschließt.
Die Begründung der Jury:
MAN OR TREE von Varun Raman & Tom Hancock ist urkomisches und existentialistisches Kino mit einfachsten Mitteln. Der verzweifelte Kampf eines Mannes – oder Baumes – um seinen eigenen Verstand.
The Seine´s Tears (Animationswettbewerb, Frankreich) von Yanis Belaid, Eliott Benard, Nicolas Mayeur, Etienne Moulin, Hadrien Pinot, Lisa Vicente, Philippine Singer, Alice Letailleur
Die Begründung der Jury:
Eine Geschichte aus der Geschichte, die gerade heute ihre Relevanz zeigt. Beeindruckend animiert und mit einem so verstörenden wie lyrischen Finale, das unter die Haut geht.